Wir ambivalenten Fußballfans
Hallo Fußballfans und Nichtfussballfans,
Ich weiß nicht wer von Euch/Ihnen ein Fußballfan ist. Ich bin es. Mein Herz gehört dem VfL Bochum. Mein Herz glühte, als wir nach langem Leidensweg wieder aufgestiegen sind. Es explodierte fast, als wir beim Lokalrivalen Dortmund mit einem 4-3 Sieg letztes Jahr den Klassenerhalt schafften. Wir tranken und feierten, umarmten uns, lieben unseren VfL, liebten plötzlich die ganze Welt. Herrliches Gefühl! Rational betrachtet ist das alles ziemlich bekloppt. Ich als bekennender Kapitalismuskritiker müsste mich eigentlich komplett dem Profifußball entsagen und z.B ausschließlich meinen Club in der Westfalenliga, bei dem ich das Fußball spielen versucht habe zu erlernen, unterstützen.
Aber nun genug über mich geschwafelt: Ich frage mal so. Glühen die Akteure in den Vereinen, also Spieler, Vorstände, Manager und andere auch so für den Club wie wir Fans?
Ich weiß die Frage haben schon zisch Andere gestellt.
Und ich sage, wie viel andere Fußballfans auch, spontan: NEIN
Vielleicht temporär. Aber unterm Strich ist doch das Unternehmen Fußballverein für alle Akteure lediglich ein wirtschaftliches Betätigungsfeld, wo Geld, Macht, aber auch persönliche Befindlichkeiten vorherrschen, nicht aber das Herzblut.
Hier zwei aktuelle Beispiele bei zwei VfL Vereinen, die man allerdings nur bedingt mit einander vergleichen kann.
Das Konstrukt Profifußball ist auch mit 50 plus 1 Regel eine reine urkapitalistische Veranstaltung. Es geht dann unterm Strich immer nur ums Eine: Geld, noch mehr Geld – Erfolge mit mehr Geld, Überleben mit Geld….. Natürlich gibt es Ausnahmen. Und diese Ausnahmen beseelen unsere Fußballfanherzen. Können wir heute noch überhaupt Fans sein, wenn die die da Verantwortung tragen eher an sich und ihr Portemonnaie denken, anstatt an sich im Dienst der Vereinswappen zu stellen? In einem Gastbeitrag beim Freitag habe ich das schon mal thematisiert. Für die Wirtschaftsunternehmen „Fußballvereine“ sind wir Fans keine Fans mehr , sondern Kunden, die „die Kohle“ ins Unternehmen tragen. Der Hebel kann nur sein: Streik! Kündigt zum Saisonende Eure Fußball Bezahl-TV Programme und lasst die Kommerzakteure ihren unfairen Wettbewerb vor leeren Rängen austragen. Sagen wir mal für 6 Spiele. Das wird Wirkung zeigen! Die Vereine müssen sich am Ende entscheiden: Wollen sie Fans oder Kunden? Ohne solche eine oder ähnliche konzentrierte Aktionen müssen wir es alle so nehmen wie es ist. Als Fan tut das weh. Als Kunde kann ich aber immer sagen: „Gefällt mir das Produkt nicht mehr, dann konsumiere ich es nicht mehr!“ Heute bin ich mir gar nicht so sicher, dass es helfen wird. Während der Corona Zeit spielten sie vor leeren Rängen und nun? The Show must go on! Gib mich Euros! Gib mich mehr Euros! Es bleibt die Verzweiflung: Aber jeder Fußballfan stimmt mir wahrscheinlich zu: Wir können auch nicht anders!
Und früher? Ja früher war das schon anders, nicht besser. Aber wenn Spieler mit starker Vereinsbindung den Verein verließen, entschuldigten sie sich wehmütig. Mir fällt da immer wieder Jupp Trennhagen ein. Er verließ den VfL, ich war noch Kind, nach Dortmund, damit der VfL die Lizenz erhielt. Es gab viele Tränen. Ich hatte beim Abstiegsspiel meinen Vater in die Augen gesehen. Er war so traurig. Das tat mir so weh meinen VfLer Papa so zu sehen. Irgendwie ein Schlüsselerlebnis für mich. Natürlich war es auch damals schon purer Kommerz. Allerdings wurden die Exzesse (Ablösesummen, Gehälter usw usw) von Jahrzehnt zu Jahrzehnt wuchtiger.
Keine Ahnung. Muss sicher jeder Fan für sich selber beantworten. Ich bin immer wieder mit mir am Ringen. Ich tröste mich dann immer damit, dass ja der VfL ein kleiner Verein ist, der irgendwie ja gegenüber Dortmund und Leipzig Opfer ist. Überhaupt die, die uns immer die Spielers wegnehmen Täter sind. Ich weiß natürlich, dass das unsachlich ist und argumentativ in keiner Weise standhalten kann. Sie wissen schon. Blau-weiße Brille eben! Aber Emotionen sind ja meistens auch nicht sachlich, auch wenn sie ehrlich sind.
Für uns Fans ist ja nun ein Fußballclub Herzblut- Wahrscheinlich funktioniert das mit der vorgeschlagenen Kundensicht nur mit dem Faktor Trotz! Naja ich begnüge mich bis zur Erleuchtung, dass wir Bochumer ja ein kleiner ehrlicher Verein sind, wo das Herz noch schlägt, nicht das große Geld. Herbert lässt grüßen. Ich weiß natürlich, dass wir Fans es sind, die die Geldvasallen finanzieren. Sie sagen: Selbst schuld“ Ja man Sie haben recht!