„Allgemeine Impfpflicht“ Was heißt das eigentlich?

Ich finde es ja bemerkenswert, dass sich viele Menschen schon festlegen, ob sie für eine „allgemeine Impfpflicht“ sind oder nicht. Anscheinend scheinen viele schon den Gesetzesvorschlag zu kennen, den es aber noch gar nicht gibt.

Was heißt den eigentlich „allgemeine Impfpflicht“ ? An zwei vergangenen Sonntagen habe ich Anne Will geschaut. In beiden war Herr Lauterbach zu Gast. Der neue Gesundheitsminister. Ich dachte ich bekomme schon mal so einen ungefähren Einblick darüber, was das eigentlich inhaltlich bedeutet? Beide anwesenden Journalistinnen in einer der Sendung (Frau Will und Frau Gammelin)  haben diese entscheiden Frage überhaupt nicht gestellt. Auch in der  Sendung vom 12.12.2021 habe ich Aufklärung vermisst. Ach nee das Parlament soll was ausarbeiten. Nur hätte ich gedacht, dass der Liebling vieler Medien Lauterbach schon mal so ungefähr formuliert hätte, was denn so seine Vorstellungen sind! Vielleicht hat er das aus strategischen Gründen nicht gemacht. Oder ich war gerade mal austreten und habe es nicht mitbekommen?

Ok, ich tue jetzt mal so, als ob ich eine „Impfpflicht“ unter bestimmten Voraussetzungen möglicherweise in Erwägung ziehe.

Ich hätte da mal dann noch ganz viele Fragen ?

  • Für wen gilt eine „allgemeine Impfpflicht“?  Alle erwachsenen Altersgruppen? Und gilt das dann auch für Kinder?
  • Wie lange gelte ich als geimpft? Bei zwei Spritzen, 3 Spritzen,  Jedes Jahr eine neue Spritze? Nach wieviel Monaten? Gelte ich als Genesener als geimpft oder vorübergehend als geimpft? Wenn heute eine doppelt Geimpfte oder ein Geimpfter wie ich,  sich mit der Delta oder demnächst Omicron-Variante infiziere, habe ich dann nicht einen höheren Schutz als  dreifach geimpfte Menschen, die ja aktuell mit einem Impfstoff geimpft werden, der ja noch auf die Ursprungs Variante (Wuhan-Varinate, nenn e ich sie mal) aufbaut?
  • Wie soll das organisiert werden? In dauerhaften Impfzentren, Arztpraxen? Wird jeder angeschrieben. Bekommen die Menschen dann eine Art Impf-Tüv, wo draufsteht, wann ich mir die nächste abholen muss
  • Wie hoch sollen die Sanktionen sein? Viele wollen uns ja jetzt so einen Unterschied zwischen Impfpflicht und Impfzwang vorgaukeln. Die Art der Sanktionen entscheiden, ob wir von Zwang oder Pflicht reden können. Wenn für Impfgegnerinnen und Impfgegner eine Sanktion ein höheres Übel darstellt – z.B Verlust der Existenzgrundlage oder Freiheitsentzug (Freiheitsstrafe)- dann ist es natürlich nicht nur eine bloße Pflicht, sondern ein Zwang. Von bloßer Pflicht kann dann reden, wenn die Impfpflicht mit der Anschnallpflicht im Auto gestaltet werden würde.
  • Soll die Impfpflicht nur temporär sein oder dauerhaft?  Solange das Virus pandemisch wirkt. Endet die allegemeine Impfpflicht, wenn das Virus endemisch wird)
  • Wenn auch nicht unbedingt relevant: Darf ich zwischen Impfstoffen wählen?
  • Macht eine Impfpflicht denn überhaupt Sinn, wenn die Impfstoffhersteller ihre Preperate für die neuen Mutanten noch gar nicht auf den Markt gebracht haben?
  • Und zu guter letzt. Kann ich auf angepasste Impfstoffe (auf Delta und/oder Omicron warten oder werden dann zwischenzeitlich dann wieder Grundrechtseinschränkungen für mich fällig? – Mal davon abgesehen, dass ohnehin bald wieder Maßnahmen für alle kommen-egal ob geimpft, genesen, geboostert (Auffrischungsimpfung) oder was auch immer.

Grundsätzlich ist die Diskussion natürlich vor dem Hintergrund problematisch, weil fast alle relevanten Multiplikatoren der Corona – Maßnahmenpolitik fast unisono die Impfpflicht ausgeschlossen haben.

Die „Alten“ müssen mehrheitlich auf die Intensivstation!

Trotzdem, auch wenn ich jetzt als Umfaller gekennzeichnet werden sollte: Die Situation in den Krankenhäusern kann unmöglich bagatellisiert werden. Ich habe in meinem unmittelbaren Umfeld Menschen, die in Kranhäusern, auch mit COVID_Erkrankten arbeiten . Und das es einen Zusammenhang gibt, zwischen Impfquote und Intensivbettenbelegung gibt, lässt sich ja nur schwer bestreiten. Und ja natürlich hat das auch was mit verfehlter Gesundheitspolitik der letzten Jahre zu tun, weil anstatt den Pflegeberuf attraktiver zu machen, man lieber über Effizienz geredet hatte. Mit Effizienz meinten damals nicht wenige, Krankenhäuser noch stärker unter Marktbedingungen stellen und im Ergebnis mit weniger Krankenhäuser auskommen. Trotzdem lässt sich das alles nicht innerhalb von ein paasr Monaten korrigieren, sodass wir wahrscheinlich um die Impfpflichtdebatte nicht drumherum kommen.

Quelle DVI Intensivregister Stand 07.12. – wird hier fortlaufend aktualisiert.

Ich war grundsätzlich immer für eine Wahlfreiheit und habe dafür plädiert einen Perspektive zu entwickeln ab wann der Staat die Verantwortung Schritt für Schritt wieder zurück an die Zivilgesellschaft gibt. Wenn eine milde temporäre Impfpflicht, die verfassungsmäßig stand hält, und dazu dient, die Krankenhausbelegungen weiter von der Belastungsgrenze fernzuhalten, bin ich dafür zumindest drüber nachdenken. Allerdings habe ich persönlich rote Linien. Es muss aufsuchend temporär sein, keine Kinderimpfpflicht und die Sanktionen müssen mild sein. (Ordnungswidrigkeit)  Und es  muss einhergehen mit einer persönlichen Beratungspflicht und die verfassungsrechtliche Prüfung, ob eine temporäre Impfpflicht für Alterskohorten gelten kann, die vorrangig die Intensivbetten belegen. Und das sind die Alten ab 50 Jahre (also auch meine Altersgruppe). Die Grafik zeigt deutlich, dass die Intensivbetten zu über 80% durch die mehrheitlich ungeimpften „Alten“ belegt sind. Mit Alten meine ich die Alterskohorten unter Jahrgang 1971. Es stellt sich ja nun mal ganz objektiv die Frage, ob die „Jungen“ wirklich an dieser Impfpflicht teilnehmen müssen/sollten? Da möchte ich einfach mal das Pro und Contra hören. Tendenziell meine ich, dass politisch  eine „dreifach Impfpflicht“ für meine Altersgruppe aufwärts gelten kann. Die Jüngeren unter mir sorgen nicht für eine Überlastung der Intensivbetten. das zeigt die Grafik des RKI deutlich.

Eine Impfpflicht nur auf bestimmte Altersgruppen zu begrenzen, sehen offenbar  auch einige Mitglieder des Ethikrates so.

Impfpflicht Framing

Ein Bekannter, mit dem ich über diesen Beitrag gesprochen habe, machte mich darauf dass ich mit diesen Fragestellungen der Manipulation des Framings auf dem Leim gegangen bin. Durch die Debatte „Wie Impfpflicht ausgestalten“ ist die „Impfpflicht gesetzt. Es wird nicht mehr  über das fpür und wieder Impfpflicht, debattiert. Und ich würde, wenn ich den Beitrag veröffentliche da mitmachen.

Erwischt. Ja mein Bekannter hat wahrscheinlich irgendwo recht. Und trotzdem könnte ich aus pragmatischen Gründen eine temporäre Impfpflicht für gewisse Altersgruppen, wenn auch zähneknirschend, mittragen, wie ich im letzten Absatz beschrieben habe. Aber hier noch eine Ergänzung: Es sollte eine einmalige Impfpflicht sein und jeder muss das Recht haben ohne Grundrechtseinschränkungen, den Zeitpunkt selber wählen, wann er sich mit welchen Impfstoff impfen lassen möchte. Und eine temporäre Impfpflicht, die m.E die größte Grundrechtseinschränkung darstellt, muss einhergehen die neoliberale Gesundheitspolitik auslaufen zu lassen. „Gesundheit ist keine Ware“ rief Attac in den Nuller Jahren  raus. Das ist aktuelle denn je. Nur geht des überhaupt mit einer FDP, die ja alles unter Marktgesichtspunkten gestalten will?

Oder doch auf Totimpfstoffe warten?

Um diese Sache näher auf den Grund zu gehen ist das ausführliche Interview durch Jens Berger mit  Dr. Stefan Tasler interessant. Und ja. Diese Einlassungen, die ich erst las, nachdem ich den Großteil dieses Textes verfasste hatte, lassen mich auch schon wieder zweifeln an meine vorläufige Position für eine temporäre Impfpflicht für bestimmte Altersgruppen. Zumal auch die Verfassungsmäßigkeit einer wie immer gestalteten Impfpflicht nicht ganz unerheblich ist.

Impfpflicht Verfassungsgemäß ?

Auf Gericht und Hoher See… Das kennen Sie ja. Ich würde sagen, die Gelehrten streiten sich. Die Verfassungsrechtlichen Auffassungen habe ich für Sie mal nachfolgend zusammengestellt:

Fazit:

Es ist richtig, dass über Impfpflichten nicht die Regierung, sondern das Parlament ohne Fraktionszwänge entscheiden wird. Besser wäre natürlich eine Volksabstimmung. Aber das gibt ja unsere Grundgesetz nicht her und die Ampel hatte auch nicht den Mut, dieses endlich voranzutreiben.
Ich bin für eine Debatte mit Pro und Contra. Ich befürchte allerdings, dass sie einseitig werden wird. In den Leitmedien wird fast ausschließlich, so mein Eindruck, dass Pro abgebildet. In seriösen Alternativmedien gibt es aber auch Argumente dagegen. Hier mal einen Hinweis, den Sie bei Spiegel, WAZ und Co nicht finden werden. Das heißt nicht, dass ich empfehle diese Contra-Argumenten der NachDenkSeiten zu folgen. Ebenso wenig empfehle ich die PRO Argumente. Und schon gar nicht empfehle ich Ihnen meine vorläufige Position zu übernehmen. Ich empfehle alle Argumente zu hören und dann schauen Sie sich genau an, welche Gruppenanträge aus dem deutschen Bundestag kommen und welche gewählte Personen welche Anträge unterstützen wollen. Vielleicht teilen Sie Ihren abgeordneten ja mit, was sie davon halten. Eines weiße ich aber genau. Uns Stimmvieh werden Sie am Ende ohnehin nicht fragen. Es wird kommen was kommt!


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Jetzt wegen Schnupfen und Husten grundsätzlich 5 Tage zu Hause bleiben!

Auch bei leichten Erkältungssymptomen 5 Tage in Selbstquarantäne. Diese wichtige Botschaft muss jetzt breit in die Öffentlichkeit. Unternehmen, die Mitarbeitenden mit Sanktionen drohen, müssen bestraft werden.

In dem Empfehlungsbriefing  des RKI vom 03.11 zur Teststrategie Sars-CoV-2 wird am Ende des Textes folgendes empfohlen:

Zitat:

Fall-basiertes Nicht-Testen

Da jegliche respiratorische Symptomatik, auch ein alleiniger Schnupfen, Ausdruck einer SARS-CoV-2-Infektion sein kann, sollten Personen, die NICHT aufgrund der obigen Kriterien getestet werden, sich trotzdem so verhalten, dass Übertragungen verhindert werden, wenn sie eine COVID-19-Erkrankung hätten. Dazu gehört, soweit umsetzbar und insbesondere ab einer 7-Tages-Inzidenz im Landkreis von 35/100.000 Einwohner, eine Isolation zu Hause für 5 Tage UND mindestens 48 h Symptomfreiheit vor Beendigung sowie eine Kontaktreduktion. Bei sekundärer klinischer Verschlechterung ist eine sofortige Testung auf SARS-CoV-2 empfohlen. (Quelle RKI)

Übersetzt heißt das: Auch bei umgangssprachlich „leichtes Schnüpchen oder Hüsterchen“ bleiben wir 5 Tage zu Hause und vermeiden gänzlich Kontakte zu anderen Personen aus anderen Haushalten (Quarantäne)!

Das könnte neben Schnelltests ein weiterer wichtiger Baustein für den weiteren Pandemieverlauf sein und vielleicht auch Maßnahmen wie den jetzt gültigen Teil-Lockdown  gänzlich überflüssig machen. (Langzeitstrategie mit dem Ziel Lockdown und Schließungen zu verhindern)

Dazu muss jetzt aber ein bundesweiter Appell an die Bevölkerung und an die Wirtschaft geben. Dazu gehört inhaltlich die Unternehmen  aufzufordern, ihren Führungskräften anzuweisen, dass Mitarbeiter mit Erkältungssymptomen sofort nach Hause zu schicken sind bzw. die Beschäftigten auffordern auch bei leichten Erkältungssymptomen erst gar nicht am Arbeitsplatz zu erscheinen und Rücksprache mit einem Arzt zu nehmen!

Es mag sein, dass es Beschäftigte geben wird, die das ausnutzen. Aber aus falscher Loyalität mit Erkältungssymptomen auf der Arbeit zu erscheinen ist genauso verantwortungslos!

Unterm Strich nützt es dem Arbeitgebern, weil die Krankenstände nicht ausufern werden, denn auch andere viralen Erkältungskrankheiten wie Rhinoviren und die gefährliche Influenza werden ebenfalls nicht weitergetragen. Das führt dann im bestens Fall sogar  zu einer Verringerung der erkältungsbedingten Fehlzeiten.

Progressive Arbeitgeber_innen machen das bereits schon seit Beginn der Pandemie so. Mir liegen Dokumente vor, wo Führungskräfte ein Leitfaden für die Pandemie bekommen haben, die im Kern sagen, dass Mitarbeiter_innen entweder Home-Office (wenn möglich) oder daheim bleiben und Rücksprache mit einem Arzt nehmen sollen. Überall da wo es gelebte Mitbestimmung gibt, ist die Empfehlung des RKI sicherlich schnell umzusetzen. (Industrie, Öffentlicher Dienst etc.). Dort gibt es fast überall betriebliche Pandemiestäbe.

Unsolidarische Unternehmen sanktionieren

Wir alle erahnen jedoch, dass viele Arbeitgeber_Innen das nicht so handhaben. Wir wissen es aus der Fleischindustrie und in Großlägern des Versandhandels. Aber auch der Öffentlichkeit nicht zugänglichen kleineren Betrieben, im Ruhrgebiet sagen wir „Klitschen dazu“, ist das eben oft nicht so. Da erinnern die Chefs eher an die Solidarität zum Betrieb. Wegen Hüsterken hast „du dich gefälligst zusammenzureißen. Schließlich warten ganz viele darauf deinen Job“. Oder andere vermitteln geduldig, das wegen Schnupfen zu Hause zu bleiben betriebswirtschaftlich nicht finanzierbar für „unseren“ Betrieb ist. Auch wenn die Kommunikationsstrategien vom Stil unterschiedlicher nicht sein können: Die hier eingeforderten Loyalitäten sind extrem unsolidarisch. Es wird Zeit, das dieses thematisiert wird.

Der Staat muss regulierend einwirken. Mit Strafen, aber auch Entschädigungen. Da wo Arbeitnehmer_innen mit Verlust des Arbeitsplatzes bedroht werden, muss es saftige Strafen geben. Den Arbeitgebern, die sich daran halten und durch diese Maßnahme wirtschaftliche Schädigungen nachweisen können, sollten hingegen vom Staat entschädigt werden.

Die Akzeptanz vieler Arbeitnehmer_Innen für verhältnismäßige Maßnahmen (Kein Freizeitspaß mehr, aber jeden Tag weiter malochen gehen. Als ob ich mich auf der Arbeit nicht anstecken könnte) würde mit großer Wahrscheinlichkeit wachsen. Scheitern wird das aber wohl am zu erwartenden Widerstand der CDU – Mittelstandsvereinigung.

Dabei wäre das die Strategie, die eigentlich auch nach Corona beibehalten werden sollte. Es nützt der Wirtschaft. Es hilft also der Wirtschaft und das Gesundheitswesen. Genau die Balance unter der alle Maßnahmen stehen müssen!